Seit jeher schon hat die Beziehung zu den Schwiegereltern unterschwellig einen gewissen Beigeschmack. Anders als bei der Wahl des Partners, kann man sich die Schwiegereltern nicht aussuchen. Sie bekommt man quasi gratis dazu – ob einem das gefällt oder nicht. Wohl dem, der sich mit ihnen gut versteht, auf einer Wellenlänge mit ihnen ist und seinen eigenen Raum zur persönlichen Entfaltung behalten kann.
In vielen Familien ist davon aber leider nicht viel zu sehen. Häufig kommt es zu Konflikten untereinander und immer gleiche Reibungspunkte sorgen für eine angespannte Atmosphäre in diesem Beziehungsdreieck.
Gründe für Konflikte mit den Schwiegereltern
Die Gründe für Konflikte mit den Schwiegereltern können sehr vielfältig sein. Oft haben Schwiegereltern kein Gespür und kein Taktgefühl, in Bezug auf die Privatsphäre der kleinen Familie. Sie mischen sich in das junge Familienglück ein, geben ungefragt Ratschläge, sind in ihrem Verhalten übergriffig, stellen Forderungen und stülpen ihrem Kind und dem angeheirateten Partner ungefragt die eigene Meinung über.
Vor allem Männer haben es hier schwer. Hängt der Sohn noch zu sehr an seinen Eltern, insbesondere an seiner Mutter, hat dies oft unmittelbare Auswirkungen auf die eigene Paarbeziehung. Die Partnerin fühlt sich ungewollt in Konkurrenz zu der Schwiegermutter. Beide buhlen um die Gunst des Sohnes / des Partners. Unterschwellig entsteht eine Art Wettbewerb zwischen beiden. Der Partner gerät hier unweigerlich zwischen die Fronten, muss sich ständig für eine von beiden entscheiden und bekommt den Unmut von allen Seiten zu spüren. Er gerät in die klassische Loyalitätskrise.
Die angeheiratete Partnerin projiziert die unangenehmen Gefühle, die aufgestaute Wut und den Ärger über diese Situation nun auf die Schwiegereltern. Dabei läge es in erster Linie an dem erwachsenen Kind, gegenüber den Eltern klar Kante zu zeigen, ihnen angemessene Grenzen zu setzen und die Situation zu klären.
Die emotionale Abhängigkeit von den eigenen Eltern kann hier eine nicht unerhebliche Gefahr für die Paarbeziehung darstellen. Bezieht das erwachsene Kind nicht irgendwann Stellung und löst sich von alten Mustern aus der Vergangenheit, um selbstbestimmt das eigene (Familien-)Leben zu führen, wird es mit der Zeit immer schwieriger, sich aus dysfunktionalen Verstrickungen zu lösen.
Leider wird jedoch allzu oft die Vogel-Strauß-Taktik angewandt: Der Kopf wird in den Sand gesteckt und die Situation so hingenommen, wie sie ist. Mit allen Konsequenzen.
Welche Folgen können Konflikte mit Schwiegereltern haben?
Steht man mit den Schwiegereltern auf Kriegsfuß, kann das Auswirkungen auf die gesamte junge Familie haben. Je nachdem, wie ausgeprägt die Beziehungsstörung zu ihnen ist, können Ereignisse wie bspw. Familienfeiern, Geburtstage und Weihnachtsfeiertage für alle Beteiligten zum Spießrutenlauf werden. Man kann ihnen nicht ohne weiteres aus dem Weg gehen und Einladungen nicht grundlos ausschlagen. Immerhin ist man nun Teil dieser Familie.
Häufig ist der Partner schon abgestumpft und reagiert nach dem Motto „So sind meine Eltern eben. Sie lassen sich eh nicht mehr ändern.“ Aussagen wie diese verschärfen die ganze Lage noch und die Schwiegerkinder leiden, mal mehr und mal weniger stumm, unter dem Verhalten der Schwiegereltern. Oft stehen sie allein auf verlorenem Posten, fühlen sich vom Partner im Stich gelassen und versuchen die Situation irgendwie zu ertragen. Dass ihnen der Partner hier nicht zur Seite steht und die Augen vor den Konflikten mit den Schwiegereltern verschließt, ist das Tüpfelchen auf dem i und der Hauptgrund für ihren Leidensdruck.
Abgesehen davon, kann es komplizierter werden, wenn die junge Familie Nachwuchs bekommt. Konflikte mit den Schwiegereltern führen nicht selten dazu, dass der Kontakt zu ihren Enkelkindern unterbunden wird. Dies sorgt natürlich für weiteres Konfliktpotenzial, was nicht unerwähnt bleiben darf. Immerhin sind die Großeltern, familiär gesehen, wichtige Bezugspersonen für die Enkelkinder. Hier sollten alle Beteiligten auf jeden Fall schauen, dass eine möglichst neutrale Basis geschaffen wird, um zumindest einen Minimalkontakt zu den Großeltern zu ermöglichen.
Wie lässt sich die Beziehung zu den Schwiegereltern verbessern?
Sind die Fronten mit den Schwiegereltern erst einmal verhärtet, braucht es ganz viel Bereitschaft, Geduld und gegenseitigen Respekt, wenn man weiterhin miteinander auskommen möchte.
Wichtig ist, dass das junge Paar lernt, Grenzen gegenüber den Schwiegereltern zu setzen. Dies gilt auch und insbesondere für deren Kind, da es sich nun – um der eigenen Partnerschaft willen – gegen die eigenen Eltern behaupten muss. Unabdingbar ist, dass das junge Paar untereinander offen darüber kommuniziert. Das Schwiegerkind darf keine Hemmungen haben, sich diesbezüglich dem Partner zu öffnen und seine Bedenken, Sorgen und Nöte mitzuteilen. Oberstes Gebot ist hier, dass der leidende Partner / die Partnerin bei sich bleibt und mitteilt, was das Verhalten der Schwiegereltern mit ihm / ihr macht. Ständiges nörgeln, kritisieren und schlecht machen der Schwiegereltern lässt den Partner im ungünstigsten Fall in eine Verteidigungsposition gegenüber den eigenen Eltern verfallen. Das sollte mit allen Mitteln vermieden werden! Immerhin spielen beide Partner im gleichen Team. Sie dürfen gemeinsam an einer Lösung arbeiten. Am besten natürlich in einem konstruktiven Dialog mit den Schwiegereltern.
So könnten beide Partner gegenüber den Schwiegereltern bspw. geschlossen die Meinung vertreten, dass sie sich in die Erziehung ihrer Enkelkinder nicht einzumischen haben. Auch ist es das Hoheitsrecht der jungen Familie, selbst zu bestimmen, wie sie die eigenen Geburtstage, Familienfeiern und etwaige Feiertage miteinander verbringen möchten. Die Schwiegereltern haben in dem Punkt kein Mitspracherecht.
Geht man in den gemeinsamen Dialog, ist ein respektvoller Umgang miteinander unerlässlich. Die hohe Kunst ist es, hier den nötigen innerlichen Abstand zu wahren, der eine objektive Sichtweise zulässt. Fakt ist, dass alle beteiligten Personen auf ihre Art in ihrem eigenen Denksystem Recht haben und eine eigene Meinung zu bestimmten Themen haben dürfen. Ob den übrigen beteiligten Personen das nun gefällt oder nicht.
Sicherlich ist das nicht immer einfach. Oft schwelen die Konflikte mit den Schwiegereltern über Jahre still vor sich hin. Viel verbrannte Erde ist u. U. schon entstanden, auf der nun versucht wird, eine gemeinsame Basis aufzubauen. Ohne Zweifel ist ein Neustart mit den Schwiegereltern ein Prozess, der sich über einen längeren Zeitraum erstrecken kann. Gegenseitiges Verständnis, Wertschätzung und Rücksichtnahme sollte für alle Beteiligen selbstverständlich sein.
Doch was für Möglichkeiten bleiben, wenn all das keinen Frieden bringt?
Was tun, wenn all das nicht hilft?
Haben all die Versöhnungsversuche keinen Erfolg und lässt sich die Beziehungsqualität zu den Schwiegereltern nicht signifikant verbessern, ziehen viele Familien häufig den Kontaktabbruch zu den Schwiegereltern in Betracht. Dies ist jedoch ein radikaler Schritt und sollte sehr gut überlegt sein – mit allen Konsequenzen. Immerhin geht es hier nicht nur um das Schwiegerkind, sondern auch um den Partner, der / die sich somit gegen die eigenen Eltern stellen muss. Sind kleine Kinder mit im Spiel, sind auch diese unweigerlich von dem Kontaktabbruch zu ihren Großeltern betroffen.
Hier einen diplomatischen Weg zu finden, ohne noch mehr Schaden anzurichten, kann sehr schwer sein. Merkt man, dass man mit den Konflikten in diesem Beziehungsdreieck allein nicht weiterkommt, kann externe Unterstützung, bspw. in Form eines Coaches oder Therapeuten, das Mittel der Wahl sein. Eine neutrale Sichtweise mit konstruktiven Lösungsansätzen kann einen Ausweg aufzeigen aus dem Geflecht aus Verletzungen, Kränkungen und destruktiven Gedankenmustern. Ob ein radikaler Kontaktabbruch der einzige Ausweg ist, kann in dem Rahmen gemeinsam erarbeitet werden. Oft genügt es schon, dem Schwiegerkind aufzuzeigen, dass es den Schwiegereltern nicht hilflos ausgeliefert ist. Ist diese Person mental gut ausgestattet und das Selbstwertgefühl und die Selbstwirksamkeit gestärkt, kann sie auch souveräner mit der Beziehung zu den Schwiegereltern umgehen. Ein kompletter Kontaktabbruch kann auf diese Weise sogar häufig erfolgreich vermieden werden.